Rinvoq®

Upadacitinib

01.02.2020


Januskinase-Inhibitor
Für Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis, die auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, steht nun mit Upadacitinib (Rinvoq®) eine neue Therapieoption zur Verfügung. Der Inhibitor der Januskinase 1 (JAK1) kann als Monotherapeutikum oder in Kombination mit Methotrexat angewendet werden. Bei den Behandelten wird eine relevante Besserung der Symptome erreicht.

Upadacitinib 

ATC-Code

L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel


L04: Immunsuppressiva


L04A: Immunsuppressiva


L04AA: Selektive Immunsuppressiva


L04AA44: Upadacitinib


Wirkungsmechanismus

Januskinasen (JAK) sind zytoplasmatische Tyrosinkinasen. Sie leiten Signale von Zytokinen und Wachstumsfaktoren weiter, die unter anderem eine wichtige Rolle bei immunologischen und inflammatorischen Prozessen sowie bei der Hämatopoese spielen. Die JAK-Enzymfamilie umfasst die vier Mitglieder JAK1, JAK2, JAK3 und TYK2 (non-receptor tyrosine-protein kinase 2) mit sich überschneidenden Funktionen. Nach dem Andocken eines Signalmoleküls an Zytokin-Rezeptoren phosphorylieren sie sogenannte STAT-Proteine (Signaltransduktoren und Aktivatoren der Transkription) und bewirken so eine Aktivierung des JAK-STAT-Signalwegs. Die phosphorylierten STAT-Proteine wandern als Dimere zum Zellkern, wo sie als Transkriptionsfaktoren die Replikation spezifischer Zielgene stimulieren. JAK1 ist für Signalwege von inflammatorischen Zytokinen von Bedeutung, JAK2 für die Reifung von Erythrozyten und JAK3 für die Immunüberwachung sowie die Lymphozytenfunktion. Upadacitinib, ein selektiver und reversibler JAK-Inhibitor, hemmt JAK1 etwa 74-fach stärker als JAK2 und 58-fach stärker als JAK3. Als Folge kommt es zu einer reduzierten Phosphorylierung und Aktivierung von JAK1-assoziierten STATs und somit zu einer reduzierten Signalübertragung von Interleukinen sowie von Typ-I- und Typ-II-Interferonen. Bereits innerhalb von einer Stunde nach Einnahme von Upadacitinib wurde eine Hemmung der durch Interleukin 6 über JAK1/JAK2 induzierten STAT3-Phosphorylierung und der durch Interleukin 7 über JAK1/JAK3 induzierten STAT5-Phosphorylierung nachgewiesen.

Pharmakokinetik

Resorption: Nach peroraler Gabe werden innerhalb von zwei bis vier Stunden maximale Plasmaspiegel erreicht. Die gleichzeitige Aufnahme einer Mahlzeit hat keinen relevanten Einfluss auf die Bioverfügbarkeit.


Proteinbindung, Verteilung: Die Plasmaproteinbindung beträgt 52%. Upadacitinib reichert sich nicht in Erythrozyten an. Die Substanz ist ein Substrat der Effluxtransporter P-gp (P-Glykoprotein) und BCRP (Breast Cancer Resistance Protein).


Metabolismus: Die Biotransformation zu pharmakologisch inaktiven Metaboliten erfolgt hauptsächlich durch CYP3A4, in geringem Maße auch durch CYP2D6. Als Hauptmetabolit wurde ein glucuronidiertes Monooxidations-Derivat identifiziert.


Exkretion: Unverändertes Upadacitinib erscheint zu 38% in den Fäzes und zu 24% im Urin. Etwa 34% der Dosis werden in Form von Metaboliten wiedergefunden. Die terminale Eliminationshalbwertszeit liegt im Bereich von neun bis 14 Stunden.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Upadacitinib wird in einer Dosis von einmal täglich 15 mg peroral eingesetzt. Die Applikation kann unabhängig von einer Mahlzeit zu einer beliebigen Uhrzeit erfolgen. Falls eine schwere Infektion und/oder Laborabweichungen auftreten, sollte die Therapie zeitweilig unterbrochen und geeignete Gegenmaßnahmen sollten eingeleitet werden. Bei älteren Patienten sowie bei Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich. Die Behandlung von Patienten über 75 Jahre oder von Patienten mit schwerer bzw. terminaler Niereninsuffizienz darf allerdings nur mit Vorsicht erfolgen, da für diesen Personenkreis bislang keine oder nur sehr begrenzte Erfahrungen vorliegen. Sicherheit und Wirksamkeit von Upadacitinib für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind bislang noch nicht erwiesen.

Kontraindikationen

Bei Überempfindlichkeit gegen Upadacitinib, aktiver Tuberkulose, anderen aktiven schwerwiegenden Infektionen, schwerer Leberinsuffizienz sowie während der Schwangerschaft besteht eine Kontraindikation. Zudem sollte die Behandlung bei Patienten mit einer absoluten Lymphozytenzahl von weniger als 500 Zellen/mm3, einer absoluten Neutrophilenzahl von weniger als 1000 Zellen/mm3 oder einem Hämoglobinspiegel von weniger als 8 g/dl nicht begonnen werden. Falls dies im Verlauf der Therapie eintritt, ist die Anwendung von Upadacitinib bis zur Erholung der Werte zu unterbrechen.

Unerwünschte Wirkungen

Während der Behandlung mit Upadacitinib kommt es sehr häufig zu Infektionen der oberen Atemwege. Häufig treten Neutropenien, Hypercholesterinämien, Husten, Übelkeit, Fieber, Gewichtszunahmen sowie erhöhte CPK-, ALT- und AST-Werte auf.


Gelegentlich wird über Pneumonien, Herpes-zoster- oder Herpes-simplex-Infektionen, orale Candidosen sowie über Hypertriglyceridämien berichtet.

Wechselwirkungen

Gleichzeitig mit Upadacitinib eingesetzte starke CYP3A4-Inhibitoren wie Azol-Antimykotika, Makrolid-Antibiotika oder Grapefruitsaft führen zu einer erhöhten Bioverfügbarkeit des CYP3A4-Substrats. Wegen der Gefahr verstärkter Toxizität sollte eine längerfristige kombinierte Anwendung vermieden und stattdessen auf alternative Pharmaka umgestellt werden. Starke CYP3A4-Induktoren wie Carbamazepin, Phenytoin, Rifampicin oder Johanniskraut bewirken dagegen eine beschleunigte Biotransformation von Upadacitinib, sodass das Risiko eines Wirkverlusts besteht. Bei erforderlicher gemeinsamer Applikation sind die Betroffenen hinsichtlich möglicher Veränderungen der Krankheitsaktivität zu überwachen. Obwohl auch Upadacitinib schwach CYP3A-induzierend wirkt, ist bei entsprechenden Substraten keine Dosisanpassung erforderlich. Die Kombination des JAK-Inhibitors mit anderen potenten Immunsuppressiva wie Azathioprin, Ciclosporin, Tacrolimus und biologischen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika oder anderen JAK-Inhibitoren wird nicht empfohlen, da das Risiko einer verstärkten Immunsuppression besteht. Ebenso ist die Anwendung von attenuierten Lebendimpfstoffen während oder unmittelbar vor einer Upadacitinib-Behandlung zu vermeiden. Es liegen keine Daten zum Ansprechen auf diese Impfungen vor. Alle erforderlichen Impfungen sollten daher vor Therapiebeginn durchgeführt werden, insbesondere die prophylaktische Impfung gegen Herpes zoster.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Die Upadacitinib-Behandlung ist mit schweren, möglicherweise tödlich verlaufenden Infektionen wie Pneumonie, Herpes zoster oder bakterieller Meningitis assoziiert. Auch kann es zu opportunistischen Infektionen wie Tuberkulose, auf große Hautareale ausgedehntem Herpes zoster, oraler bzw. ösophagealer Candidose und Kryptokokkose kommen. Patienten mit chronischen oder rezidivierenden Infektionen, Tuberkulose-Exposition sowie schweren oder opportunistischen Infektionen sollten nur nach Nutzen-Risiko-Abwägung mit Upadacitinib therapiert werden. Dies gilt auch für Personen nach Aufenthalt in Gebieten mit endemischer Tuberkulose oder bei Vorliegen endemischer Mykosen oder von Grunderkrankungen, bei denen eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen besteht. Vor Therapiebeginn ist ein Screening auf Tuberkulose und virale Hepatitis durchzuführen, da in diesen Fällen eine Überwachung auf mögliche Reaktivierungen stattfinden muss. Immunmodulatorische Arzneimittel wie Upadacitinib können das bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ohnehin erhöhte Risiko für maligne Erkrankungen zusätzlich steigern. Entsprechend vorbelastete Personen sollten daher nur nach Nutzen-Risiko-Abschätzung und unter regelmäßiger Überwachung behandelt werden. Die Upadacitinib-Therapie ist ferner mit einem Anstieg der Lipidwerte verbunden, allerdings liegen noch keine Erkenntnisse zu einer hierdurch potenziell verstärkten kardiovaskulären Morbidität und Mortalität vor. Während der Behandlung ist außerdem eine engmaschige Kontrolle der Leberenzym-Werte erforderlich, um eine mögliche Upadacitinib-induzierte Leberschädigung frühzeitig zu erkennen und die Medikation ggf. abzusetzen. Durch die Behandlung mit JAK-Inhibitoren wie Upadacitinib besteht die Gefahr tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien. Bei entsprechender Prädisposition wie höherem Alter, Adipositas oder längerer Immobilisierung ist besondere Vorsicht geboten.

Schwangerschaft und Stillzeit

Upadacitinib darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Im Tierexperiment kam es zu Reproduktionstoxizität und zu Teratogenität mit Auswirkungen auf die Entwicklung der Knochen und des Herzens. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während und bis zu vier Wochen nach Beendigung einer Upadacitinib-Therapie eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Aufgrund fehlender Daten zur Anwendung der Substanz während der Stillzeit kann derzeit ein Risiko für den gestillten Säugling nicht ausgeschlossen werden. Im Tierversuch geht Upadacitinib in die Milch über. Zur Sicherheit muss daher eine Entscheidung getroffen werden, ob auf das Stillen oder die Behandlung mit dem JAK-Inhibitor verzichtet werden soll.

Handelspräparat Rinvoq® 

Hersteller

AbbVie Deutschland GmbH, Wiesbaden

Einführungsdatum

01. Februar 2020

Zusammensetzung

15 mg Upadacitinib als Upadacitinib-0,5-H2O

Sonstige Bestandteile

mikrokristalline Cellulose, Hypromellose, Mannitol (Ph. Eur.), Weinsäure (Ph. Eur.), hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat (Ph. Eur.), Poly(vinylalkohol), Macrogol, Talkum, Titandioxid (E171), Eisen(II,III)-oxid (E172), Eisen(III)-oxid (E172)

Packungsgrößen, Preise, PZN

30 Retardtabletten, 1494,10 Euro, PZN 15620317;
90 Retardtabletten, 4088,49 Euro, PZN 15620369

Indikation

Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben.

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt 15 mg Upadacitinib einmal täglich.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegen Upadacitinib, aktive Tuberkulose, andere aktive schwerwiegende Infektionen, schwere Leberinsuffizienz, Schwangerschaft

Unerwünschte Wirkungen

Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen sind Infektionen der oberen Atemwege (13,5%), Übelkeit (3,5%), Erhöhungen der Creatinphosphokinase(CPK)-Werte (2,5%) und Husten (2,2%).

Wechselwirkungen

Upadacitinib wird hauptsächlich durch CYP3A4 metabolisiert. Daher kann die Bioverfügbarkeit durch Arzneimittel beeinflusst werden, die dieses Enzym stark hemmen oder induzieren.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Bei Patienten, die Upadacitinib erhielten, wurden schwere Infektionen, darunter auch solche mit tödlichem Ausgang, berichtet. Vor Therapiebeginn ist ein Tuberkulose-Screening durchzuführen. In klinischen Studien kam es unter Upadacitinib-Therapie zu Virusreaktivierungen, z. B. von Herpesviren, erhöhten Leberenzym-Werten sowie zu tiefen Venenthrombosen und Lungenembolien.

Literatur

[1] Fachinformation zu Rinvoq®, Stand Dezember 2019


[2] Smolen JS, Pangan AL, Emery P, Rigby W et al. Upadacitinib as monotherapy in patients with active rheumatoid arthritis and inadequate response to methotrexate (SELECT-MONOTHERAPY): a randomised, placebo-controlled, double-blind phase 3 study. Lancet 2019;393(10188):2303-2311


[3] Strand V, Pope J, Tundia N, Friedman A et al. Upadacitinib improves patient-reported outcomes in patients with rheumatoid arthritis and inadequate response to conventional synthetic disease-modifying antirheumatic drugs: results from SELECT-NEXT. Arthritis Res Ther 2019;21(1):272


[4] Fleischmann RM, Genovese MC, Enejosa JV, Mysler E et al. Safety and effectiveness of upadacitinib or adalimumab plus methotrexate in patients with rheumatoid arthritis over 48 weeks with switch to alternate therapy in patients with insufficient response. Ann Rheum Dis 2019;78(11):1454-1462


[5] Strand V, Schiff M, Tundia N, Friedman A et al. Effects of upadacitinib on patient-reported outcomes: results from SELECT-BEYOND, a phase 3 randomized trial in patients with rheumatoid arthritis and inadequate responses to biologic disease-modifying antirheumatic drugs. Arthritis Res Ther 2019;21(1):263


[6] EPAR summary for the public. Rinvoq® Upadacitinib. EMA/582949/2019; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu

Copyright

©2020-2022 Deutscher Apotheker Verlag, Neue Arzneimittel, Beilage der Deutschen Apotheker Zeitung

Datenstand

04/2020

Apothekerin Dr. Monika Neubeck